Flugtaxi-Abwinde: Warum Industrie-Manager dieses Risiko kennen müssen
FAA-Studien zeigen: eVTOLs erzeugen Abwinde mit Orkanstärke. Was das für Bergbau & Logistik bedeutet – und wie Joby Aviation die Lösung vorantreibt.
Die unsichtbare Herausforderung: Wie Flugtaxis die Luftfahrt revolutionieren – und welche Hürden bleiben
Die Zukunft der urbanen und industriellen Mobilität scheint eng mit elektrischen Senkrechtstartern (eVTOLs) verknüpft. Doch während viel über Reichweiten, Lärmemissionen und regulatorische Fragen diskutiert wird, rückt ein physikalisches Phänomen zunehmend in den Fokus: die gewaltigen Abwinde, die diese Fluggeräte erzeugen. Aktuelle Untersuchungen der US-Luftfahrtbehörde FAA zeigen, dass die Luftverwirbelungen unter bestimmten Multikoptern während Start und Landung Orkanstärke erreichen können – ein Faktor, der insbesondere für industrielle Anwendungen in der Bergbau- und Ressourcenbranche von Bedeutung ist.
Die Aerodynamik der Abwinde: Eine unterschätzte Kraft
Moderne eVTOLs nutzen typischerweise vier bis zwölf elektrisch angetriebene Rotoren, um Auftrieb zu generieren. Diese Konfiguration ermöglicht zwar eine kompakte Bauweise und redundante Systeme, führt jedoch zu komplexen aerodynamischen Wechselwirkungen. Jeder Rotor erzeugt einen eigenen Abwindstrom, der sich mit denen der benachbarten Rotoren überlagert. Die FAA konnte in Windkanalversuchen nachweisen, dass diese überlagernden Abwinde unter bestimmten Bedingungen lokale Windgeschwindigkeiten von über 120 km/h erreichen – genug, um ungesicherte Gegenstände wegzureißen oder Personen im Nahbereich zu gefährden.

Besonders kritisch ist dieses Phänomen für industrielle Anwendungen, wo schwere Lasten transportiert werden müssen. Ein mit Erz beladener Multikopter benötigt deutlich mehr Auftrieb als ein Personentransporter, was wiederum stärkere Abwinde zur Folge hat. In bergbaulichen Umgebungen, wo oft in beengten Verhältnissen mit temporären Infrastrukturen gearbeitet wird, könnten diese Kräfte zu ernsthaften Herausforderungen führen.
Praktische Risiken für industrielle Anwendungen
Die potenziellen Auswirkungen starker Abwinde auf industrielle Betriebe sind vielfältig und verdienen eine detaillierte Betrachtung. In Tagebauen oder Minen, wo oft mit leichten temporären Bauten gearbeitet wird, könnten unkontrollierte Luftströmungen strukturelle Schäden verursachen. Besonders kritisch sind dabei Kranausleger, Förderbänder oder Zelte, die nicht für derartige Belastungen ausgelegt sind.

Ein weiterer wesentlicher Punkt betrifft die Arbeitssicherheit. Die FAA empfiehlt bereits heute Sicherheitszonen von mindestens 50 Metern um Start- und Landeplätze – in vielen Bergbaubetrieben wäre dies jedoch kaum umsetzbar. Die Gefahr durch umherfliegende Kleinteile oder aufgewirbelten Staub stellt ein reales Risiko für Mitarbeiter dar.
Interessanterweise zeigen sich die Auswirkungen der Abwinde nicht nur unmittelbar unter den Fluggeräten. Simulationen deuten darauf hin, dass sich die turbulenten Luftströmungen entlang von Felswänden oder Gebäudefassaden unvorhersehbar verstärken können – ein Effekt, der bei der Planung von Landeplätzen in bergigem Gelände besondere Beachtung verdient.
Joby Aviation: Ein Vorreiter in der Aerodynamik
Unter den Unternehmen, die sich dieser Herausforderung stellen, ragt Joby Aviation besonders hervor. Das kalifornische Unternehmen hat mit seinem fünfsitzigen eVTOL ein Fluggerät entwickelt, das nicht nur durch seine Reichweite von über 240 Kilometern beeindruckt, sondern vor allem durch sein durchdachtes aerodynamisches Konzept.

Der Clou des Joby-Designs liegt in der Anordnung der insgesamt sechs Rotoren. Während vier Rotoren an schwenkbaren Armen montiert sind, bleiben zwei weitere fixiert – eine Konfiguration, die nicht nur den Übergang vom Schwebe- zum Vorwärtsflug optimiert, sondern auch die Abwindproblematik entschärft. Durch die schräge Anordnung der Rotoren werden die Luftströme seitlich abgelenkt, was die Windbelastung direkt unter dem Fluggerät deutlich reduziert.
Hinzu kommt die ausgeklügelte Steuerungssoftware des Unternehmens, die in Echtzeit die Drehzahlen der einzelnen Rotoren anpasst und so Turbulenzen minimiert. Erste Tests zeigen, dass dieses System die Windgeschwindigkeiten im Nahbereich um bis zu 40 Prozent reduzieren kann – ein entscheidender Fortschritt für den industriellen Einsatz.
Die ästhetische Eleganz des Joby eVTOL, die sich besonders in den geschwungenen Rotorarmen zeigt, ist dabei nicht nur ein Design-Gag, sondern Ergebnis akribischer aerodynamischer Optimierung. Die Fotos des Fluggeräts im Einsatz demonstrieren eindrucksvoll, wie moderne Luftfahrttechnik Form und Funktion verbinden kann.
Technische Lösungen im Überblick
Die Branche arbeitet auf mehreren Ebenen an Lösungen für die Abwindproblematik. Ein vielversprechender Ansatz liegt in der Entwicklung spezieller Landeplattformen, die mit absorbierenden Oberflächen oder seitlichen Ablenkblechen ausgestattet sind. Solche Systeme könnten insbesondere für feste Infrastrukturen in Bergwerken oder Verladestationen interessant sein.

Ein anderer Fokus liegt auf der verbesserten Vorhersagbarkeit der Windverhältnisse. Durch Kombination von Wetterdaten, Geländemodellen und Echtzeit-Sensoren am Fluggerät selbst ließen sich gefährliche Windkonstellationen frühzeitig erkennen und umfliegen. Unternehmen wie Volocopter experimentieren bereits mit entsprechenden Assistenzsystemen.
Langfristig wird die Entwicklung hin zu noch effizienteren Rotordesigns gehen. Forschungen an der Universität Stuttgart zeigen, dass biomimetische Ansätze – etwa an Libellenflügeln orientierte Rotorformen – das Abwindproblem weiter reduzieren könnten. Allerdings stehen solche Konzepte noch am Anfang ihrer Entwicklung.
Die Zukunft industrieller eVTOL-Nutzung
Für Manager und Ingenieure in der Bergbau- und Ressourcenbranche ergeben sich aus diesen Entwicklungen klare Handlungsfelder. Die Integration von Flugtaxi-Technologien in bestehende Logistikkonzepte erfordert eine ganzheitliche Betrachtung der physikalischen Auswirkungen. Von der Standortplanung über die Infrastrukturgestaltung bis hin zu Schulungen der Mitarbeiter – die Abwindproblematik wird ein relevanter Kosten- und Sicherheitsfaktor sein.
Gleichzeitig bietet die Technologie enorme Potenziale. Der schnelle Transport von Ersatzteilen, Proben oder Spezialpersonal in schwer zugängliche Gebiete könnte Betriebskosten senken und Ausfallzeiten reduzieren. Die Schlüssel zum Erfolg liegen in der realistischen Einschätzung der Herausforderungen und der gezielten Zusammenarbeit mit Herstellern, die wie Joby Aviation bereits heute praktikable Lösungen entwickeln.

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